In diesen Tagen vor der Landtagswahl in Bayern verdient der amtierende Ministerpräsidenten Markus Söder besondere Aufmerksamkeit. Dabei überrascht ein Portrait mit Bezügen in die Bildwelt des osmanischen Reiches: Was also verbindet Markus Söder mit einem Sultan?
Die unsichtbaren Duftvorlieben der politischen Prominenz
Auf einschlägigen Webseiten kann schnell einiges über die Duftvorlieben von Prominenten und eben auch von Politikern erfahren. Von Hilary Clinton kennt man daher ihre Vorliebe für mehrere Düfte: Thierry Mugler Angel for women, Bijan By Bijan For Women, Adoration, Oscar de la Renta. Margaret Thatcher soll nach zuverlässigen Gerüchten Bluebell von Penhaligon’s bevorzugt haben. Und in der französischen Politik gilt Pour un homme als Favorit vom einstigen Sozialisten François Mitterrand ebenso wie vom Bürgerlichen Nicolas Sarkozy. Vladimir Putin wiederum hat eine eigene Duftlinie auf den Markt gebracht – allerdings ohne Erfolg. Von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel schliesslich berichtet der Boulevard, dass sie kein Parfum trägt, obwohl sogar ein eigener, personalisierter Duft – international spricht man von einem “customized perfume” – nach ihr benannt ist: “Angela’s Dream”. Auf der Hannover Messe war er der Kanzlerin einst dankbar überreicht worden. An der Berichterstattung fällt im Rückblick auf, dass es Bilder der stolzen Industriemanager, der Maschinen, des individualisierten Flakons gibt. Alles scheint irgendwie mit der Kameralinse festgehalten. Doch vergeblich sucht man ein Bild, auf dem Angela Merkel an ihrem Duft tatsächlich auch schnuppert. Irgendwie merkwürdig – oder?
Image: “Angela’s Dream”, the first customized perfume produced at Hannover Fair 2016.
Das wiederum macht Markus Söder in diesen Tagen für uns interessant.
Politiker werden gewöhnlich in verschiedenen Posen portraitiert. Das Formenrepertoire erweist sich als vielfältig. Seit längerem analysiert der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich auf seiner Präsenz in den sozialen Medien die visuelle Inszenierungspraxis von Politikern. Vor einigen Monaten zeigte Wolfgang Ullrich hier beispielsweise auch, wie das alte Bildmotiv des Soldaten Christi aktuell in der politischen Bildkommunikation wieder entdeckt wird.
Doch der an einem blühenden Busch schnuppernde Markus Söder geht hier neue Wege. Oliver Mark hat ihn so portraitiert und das Bild auf seiner Webseite dokumentiert. Hier fanden wir es durch die Links von Wolfgang Ullrich.
Ein Politiker, ein Markus Söder, der Blütendüften zugetan ist? Das fällt auf!
Auch nach Bildrecherchen konnten wir dieses Motiv bei keinem anderen Politiker finden. Nicht einmal französische Staatspräsidenten fanden wir bei einem Besuch in Grasse oder inmitten blauen Lavendels. Das mag alles Zufall sein. Doch Wohlgerüche gelten bis heute in vielen Kreisen als weibliche Domäne, die tatsächlich eher weniger mit Macht assoziiert wird. Dies ist wohl ein erster Grund, warum sich gerade weibliche Politiker wie Angela Merkel mit ihrer Nase zurückhalten. Man will eben professionell gesehen werden. Und eine schnuppernde Staatsfrau passt da kaum ins Bild. Das ist wohl eher traditionell ein Bildthema für das (eben weiblich ausgerichtete) Begleitprogramm bei Staatsgipfeln. In demokratischen Systemen dürfte den Wohlgerüchen zudem immer noch ein wenig Volksnähe fehlen. Da ist ein Foto mit einem Sportwagen, in einem Bierzelt oder vor Plakaten mit dem eigenen Konterfei populärer.
Der Geruchsinn bleibt in der Politik unsichtbar.
Trotzdem ist auch Markus Söder nicht so originell oder einzigartig, wie es jetzt vielleicht scheint. Denn in anderen Kulturen hat sich sehr wohl der schnuppernde Staatsmann als Bildtyp etabliert – so beispielsweise im Osmanischen Reich.
Mehmed II, der sich in der Blütezeit des Osmanischen Reichs als sinnenfreudiger Sultan in die Geschichte eingeschrieben hat, wird gerne als schnuppernder Herrscher portraitiert. Diese Miniatur aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, gemalt von Sinan Bey oder seinem Schüler Şiblizâde Ahmed stammt aus  Sarayı Alben und zeigt den Sultan mit einer Rose. Der Blick des Herrschers ist auf die Ferne gerichtet, doch die Aufmerksamkeit bleibt bei den Blüten in seiner Hand, deren Duft er nach innen gewandt zu erkunden scheint. Tatsächlich fällt nun im Vergleich mit dem Sultan auch die Nachdenklichkeit bei Markus Söder auf. Sein Blick bleibt ohne Richtung. Vom Duft der Blüten scheint ein Moment der Ruhe auszugehen.
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Bildquelle: Oliver Mark