Die Duftbar ist ein Popup Store für Geschichten: Der Schriftsteller Tim Krohn schreibt vom 26. Mai bis 2. Juni in der La Couronne Bar in der Solothurner Altstadt Geschichten zu Düften. Workshops, Diskussionen und Vorträge, unter anderem mit Christophe Laudamiel, dem international vielleicht spannendsten Parfumeur. Hier einige Geschichten zum Hintergrund:
Am Anfang waren die Bilder
Die erste Geschichte führt uns an die Berner Fachhochschule, wo mit Drittmitteln geforscht wird. Dozierende suchen also Themen, Kontexte, Fragen, die sie einer Förderinstitution wie dem Schweizerischen Nationalfonds als förderungswürdig verkaufen können. Um das Jahr 2010 lernten wir – Nada Endrissat & Claus Noppeney – die Designagentur Belepok, die jetzt auch die Duftbar gestalterisch mitentwickelt hat, näher kennen. Was uns interessierte war ihrer Arbeitsweise mit Bildern bei der Entwicklung von Parfums: Wie gelingt die Übersetzung abstrakter Ideen in flüchtige Düfte? Diese Frage assoziiert ein Managementforscher spontan mit Produktentwicklung, disziplinübergreifender Zusammenarbeit oder der Rolle von Artefakten. Im Zentrum stand also das Briefing Material, das in der Designagentur zu einem Konzept verdichtet wird und anschliessend von Parfumeuren als Pflichtenheft genutzt wird. Wir untersuchten anschliessend, was diese Bilder leisten? Was sie tun? Wie sie genutzt werden?
Düfte erzählen Geschichten
Mit dabei waren die Künste – Musik & Literatur und so auch Tim Krohn. Wir baten Tim Krohn als Schriftsteller auf das Briefing Material zu reagieren, um genauer nachvollziehen zu können, was das Briefing Material zu leisten vermag: Also schrieb Tim Geschichten zu den Bildern der Parfumbriefings und die Parfumeure suchten nach einem passenden Duft. Doch Tim hatte seinen Eigensinn und machte mehr. Er bat um weitere Parfumproben und liess die Düfte Geschichten schreiben.
Der Geruchsinn gilt seit langem als Sinn der Vorstellungskraft: «Der Geruch ist der Sinn der Phantasie», heisst es schon bei Jean-Jacques Rousseau. In schöpferischen Prozessen erweisen sich Düfte zuweilen als assoziative Kraft: Edgar Allan Poe sah im assoziativen Potenzial den Unterschied zu den anderen Sinnen. Legenden erzählen vom Gestank fauler Äpfel bei Friedrich Schiller im Schreibtisch. In der kommenden Woche können diese Zusammenhänge in der Duftbar erlebt und vertieft werden.
Kreativitätspraktiken in der Duftentwicklung
Das zweite Forschungsvorhaben führt tiefer in die Arbeitswelt der Duftentwicklung. Aus nächster Nähe konnten wir die kreative Praxis unterschiedlicher Parfumeure erkunden. Auszüge aus einer Feldnotiz, die bei der Beobachtung des Zürcher Parfumeurs Andreas Wilhelm entstand, zeigen das Besondere der Duftbar:
«Gemeinsam mit Andreas schätze ich, dass 30 % aller Kommunikation dafür aufgewandt wird, um zu klären, ob Duftproben schon eingetroffen sind, was der andere wirklich riecht, ob die Beschriftung stimmt etc. Also ein erheblicher Teil der Kommunikation ist nötig, um die Grundlagen der Verständigung über Düfte zu klären.»
Diese Beobachtung bringt ein Grundproblem des Riechens auf den Punkt: Düfte und Gerüche liegen quer zu unserem digitalen Leben. Sie lassen sich nicht aufnehmen, sie lassen sich nicht übertragen. Es gibt kein Jpg und kein mp3 File in der Welt der Düfte. Düfte kann man nur an Ort und Stelle erleben!
Angesichts der Aura des Geheimnisvollen danken für die Offenheit im Feld, die diesen spannenden Kontext wohl so erstmals für eine Untersuchung geöffnet hat. In der Duftbar lädt ein Buch mit den Forschungsergebnissen zum Stöbern, Diskutieren und nachfragen ein. Eine andere Geschichte sind auch die Praxisprojekte – also Kreativitätsworkshops, Organisationsentwicklungsprojekte und Trainings – die wir gestützt auf die Forschung in den letzten Jahren pilotieren und mit Unternehmen durchführen konnten. Im Herbst erscheint bei Niggli «Nosewise», das diese Erfahrungen für kreative Köpfe spielerisch umsetzt – ein Geschenk nicht nur zu Weihnachten…
Was zeigt die Duftbar?
In der Duftbar gibt es jetzt rund 20 fertige Kompositionen von Brian Goeltzenleuchter, Christophe Laudamiel, Sean Raspet & Andreas Wilhelm. Einige fordern die Komfortzone der Nase heraus. Wir sind gespannt, was der kommunikative Kontext der Duftbar mit den Düften und ihrem Erleben macht.
Die finalen Kompositionen sind auf den Flaschen jeweils mit einem Grossbuchstaben ausgewiesen. Die kleinen Buchstaben mit einem oder mehreren Sternen zeigen Modifikationen – also Stationen der Entwicklung des Dufts des jeweiligen Grossbuchstabens. Ein Highlight sind auch die über 50 Rohstoffe, die in der Duftbar isoliert und als Teil von Kompositionen erschnuppert werden können. Diese sind auf den Flaschen mit einer Zahl durchnummeriert. Mit Hilfe der ausliegenden Menus kann man so «olfaktorische Verwandtschaftsverhältnisse» in der Duftbar nachvollziehen.
Die Duftbar wird als interaktives Format im Rahmen des SNF Projekts Smelling more, smelling differently unter der Leitung von Prof. Dr. Claus Noppeney vom 26. Mai bis zum 2. Juni 2019 unter dem Titel Wenn Düfte erzählen und in Kooperation mit den Solothurner Literaturtage 2019, dem Scent Culture Institute und Scent-Festival im Hotel La Couronne in Solothurn veranstaltet.
Das gesamte Programm der DuftBar hier als PDF:
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Einen Überblick über den Forschungsoutput gibt es hier. Weitere Informationen zu den erwähnten Forschungsprojekten und Aktivitäten gibt es hier. Und hier der Flyer der DuftBar als Download:
Für Anmeldungen, Fragen und Anregungen: info@dufbar.info.
Photography by Michael Mann